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Rechtsanwalt Wachter
Markenrecht
Regensburg

 

 

Kaufrecht – Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf (§ 476 BGB), Änderung der Rechtsprechung des BGH

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Oktober 2016, AZ: VIII ZR 103/15

von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Regensburg

Stellt der Käufer einer Sache fest, dass diese einen Mangel aufweist, so muss er grundsätzlich beweisen, dass der Mangel schon bei Übergabe der Sache vorhanden war, wenn er Gewährleistungsrechte (Nachbesserung, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz) geltend machen will.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf, also einem Geschäft, bei dem auf Verkäuferseite ein Unternehmer und auf Käuferseite ein Verbraucher beteiligt ist, gilt für den Käufer eine Beweiserleichterung: Zeigt sich der Sachmangel innerhalb von 6 Monaten seit der Übergabe, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war.

Diese auf den ersten Blick einfache und klare Vorschrift des § 476 BGB hat in der praktischen Anwendung dennoch Schwierigkeiten bereitet.

Denn häufig verhält es sich so, dass innerhalb der 6-Monatsfrist ein Mangel sichtbar wird, der in dieser (sichtbaren) Form bei der Übergabe der Sache noch nicht vorhanden war. Die Vermutungswirkung des § 476 BGB greift somit nicht.

Allerdings haben sich Käufer dann häufig darauf berufen, dass der sichtbar gewordene Mangel seine Ursache in einem anderen, latent bereits vorhandenen mangelhaften Zustand der Kaufsache hatte.

Dieser latente Mangel habe sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und sei erst einige Zeit nach Übergabe der Sache bemerkbar geworden (z.B. Getriebeschaden, der sich weiter verschlechtert und dazu führt, dass ein Gang nicht mehr eingelegt werden kann).

Von Verkäuferseite wurde dann oft entgegengehalten, dass der sichtbar gewordene Mangel nicht auf einem latenten Mangel beruht, sondern auf einer fehlerhaften Behandlung der Sache durch den Käufer (z.B. beim Autokauf: Getriebeschaden durch Verschalten, Motorschaden durch Fahren mit zu hoher Drehzahl).

In diesen Fällen war lange Zeit umstritten, ob der Käufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf einem latenten Mangel beruht oder ob der Verkäufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf ein Fehlverhalten des Käufers zurückzuführen ist.

Der BGH hatte in früheren Urteilen ausgesprochen, dass der Käufer beweisen muss, dass der sichtbare Mangel auf einem latenten Mangel beruht.

Diese Rechtsprechung hat der BGH nun aufgegeben. Er hat sich dazu durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juni 2015 verlasst gesehen. Der EuGH hat in einem Urteil zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (der Grundlage für § 476 BGB) den Anwendungsbereich der Beweislastumkehrregelung zugunsten des Verbrauchers erweitert.

Der BGH ist dem gefolgt, so dass nunmehr gilt: Der Käufer braucht nur noch nachzuweisen, dass innerhalb von 6 Monaten seit Übergabe der Sache ein mangelhafter Zustand aufgetreten ist. Er braucht nicht mehr zu beweisen, dass dieser mangelhafte Zustand auf einem latenten Mangel beruht, denn auch hierauf bezieht sich nun die Vermutungswirkung des § 476 BGB.

Die Position des Käufers in einem Rechtsstreit über das Bestehen von Gewährleistungsansprüchen hat sich damit erheblich verbessert.

Es bleibt aber zu beachten, dass § 476 BGB nur eine gesetzliche Vermutung regelt. Diese Vermutung kann vom Verkäufer unter Umständen widerlegt werden, wenn er beweisen kann, dass der behauptete latente Mangel bei Übergabe definitiv noch nicht vorhanden war und der sichtbare Mangel beispielsweise auf einer fehlerhaften Behandlung der Sache durch den Käufer beruht.

Nach der neuen Rechtsprechung des BGH trifft den Verkäufer hier aber die volle Beweislast.

In der Praxis dürfte die neue Rechtsprechung des BGH dazu führen, dass es zu weniger gerichtlichen Auseinandersetzungen bezüglich der Sachmängelhaftung kommt, da sich ein Verkäufer nur dann auf ein Gerichtsverfahren einlassen wird, wenn er sicher ist, den ihm obliegenden Beweis führen zu können oder wenn er geltend machen kann, dass die Vermutungswirkung des § 476 BGB mit der Art der Sache oder der Art des Mangels unvereinbar ist, wie es z.B. der Fall wäre bei einer äußerlichen Beschädigung der Sache, die bei der Besichtigung auffallen musste.

Von Rechtsanwalt Ludwig Wachter, Diplom Betriebswirt, Regensburg

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